Wenn in München zwischen 1150 und 1250 ein Arzt praktiziert hätte, der an der Schola Medica Salernitana in Salerno ausgebildet wurde, hätte er ein tiefes Wissen über die medizinischen Lehren und Praktiken dieser Zeit mitgebracht. Das medizinische Verständnis von damals war stark von der Vier-Säfte-Lehre, auch Humoralpathologie genannt, beeinflusst. Nach dieser Lehre bestand der menschliche Körper aus vier Säften: Blut, gelber Galle, schwarzer Galle und Schleim. Gesundheit wurde als ein Gleichgewicht dieser Säfte verstanden, und Krankheit als ein Ungleichgewicht.
Anamnese:
Gespräch mit dem Patienten: Der Arzt würde den Patienten nach seinen Symptomen, seiner Lebensweise, seiner Ernährung und anderen relevanten Informationen fragen. Das Gespräch würde auch die Gemütsverfassung des Patienten abdecken, da Emotionen und die Psyche als direkt mit der körperlichen Gesundheit verbunden angesehen wurden.
Urinanalyse: Die Untersuchung des Urins, auch als Urinschau bekannt, war eine gängige Praxis. Der Arzt würde den Urin in Bezug auf Farbe, Konsistenz, Geruch und Geschmack überprüfen. Dies sollte Aufschluss über das innere Gleichgewicht oder Ungleichgewicht der Säfte bei den 3 Kochungen geben.
Inspektion: Eine genaue körperliche Untersuchung des Patienten, wobei auf sichtbare Zeichen von Krankheit oder Ungleichgewicht geachtet wird.
Behandlung:
Diätetik: Da die Ernährung als ein Schlüsselfaktor für die Gesundheit angesehen wurde, könnte der Arzt spezifische diätetische Anweisungen geben, um das Säftegleichgewicht wiederherzustellen. Dies könnte das Essen oder Vermeiden bestimmter Lebensmittel oder das Einhalten einer bestimmten Diät beinhalten.
Blutentnahme: Wenn ein Überschuss an Blut vermutet wurde, könnte eine Aderlass-Therapie empfohlen werden. Hierbei würde dem Patienten eine bestimmte Menge Blut entnommen, um das vermeintliche Gleichgewicht der Säfte wiederherzustellen.
Purgation: Bei einem Überschuss an anderen Säften könnte der Arzt Abführmittel oder Erbrechen auslösende Mittel verschreiben.
Kräutermedizin: Die Anwendung von Heilkräutern und natürlichen Präparaten war weit verbreitet. Der Arzt hätte spezifische Kräuter oder Mischungen verschrieben, die auf den individuellen Zustand und das vermutete Säfteungleichgewicht des Patienten abgestimmt sind.
Das Wissen von Salerno kombinierte antike griechische und römische Medizin mit arabischen und jüdischen Einflüssen. Ein in Salerno ausgebildeter Arzt in München hätte also eine Mischung aus diesen Traditionen in seine Praxis integriert und wäre für seine fundierte und methodische Herangehensweise an die Medizin bekannt gewesen.